Veröffentlicht inWeimar

Mysteriöser Blog macht auf Facebook Stimmung gegen die Grünen

Mysteriöser Blog macht auf Facebook Stimmung gegen die Grünen

Greenwatch Facebook Werbung
Werbung von Greenwatch auf Facebook. Foto: Jan-Henrik Wiebe
  • Facebook-Werbung gegen die Grünen ohne echte Absender
  • Wer steckt hinter der Kampagne? Ebenfalls eine Partei? Oder ein Lobbyverband der Industrie?
  • Thüringen24 geht auf Spurensuche

Hinweis: Der folgende Text beschäftigt sich mit dem Greenwatch-Blog, dessen Internet- und Facebook-Seite mittlerweile (Stand: Juli 2018) abgeschaltet wurden und der mutmaßlich in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) gestartet wurde. Dagegen behandelt dieser Beitrag NICHT den Greenwatch e.V. aus Berlin, der mit dem Greenwatch-Blog nicht in Verbindung steht. Weitere Informationen zum Greenwatch e.V. findet ihr hier: www.greenwatch.network.

Hier ein Katzenvideo, dort Babybilder von Freunden und dazwischen immer wieder Werbung für viele verschiedene Produkte. „Bei denen piepts wohl!“, heißt es da plötzlich in einem beworbenen Eintrag. Greenwatch heißt die Facebook-Seite, die man liken soll. „Der Blog ‚Greenwatch‘ wurde von enttäuschen Grünwählern gegründet“, heißt es dazu noch in der Werbung. Doch wer steckt wirklich hinter dem Blog gegen Bündnis90/Die Grünen und die aus Thüringen stammende Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt? Eine andere Partei, ein Lobbyverband der Wirtschaft oder doch nur eine Privatperson? Thüringen24 startete eine Spurensuche nach den Urhebern.

Greenwatch-Blog: Identität durch Proxy-Server verschleiert

Der Beginn ist gar nicht so leicht. Von der Facebook-Seite wird zwar auf einen Blog verlinkt, auf dem ein Impressum vorhanden ist, doch wird keine Partei oder Organisation angegeben, die hinter den aufwendigen Videos und der Facebook-Werbung steckt. Nur die Privatperson Stefan S. als Seiteninhaber und der Name einer Straße in der Dortmunder Stadtmitte sind angegeben. Zwei Videos und ein wenig Text, warum die Grünen besser nicht mehr gewählt werden sollen, sind Ende August, zu Beginn der Recherchen, zu sehen. Wenig Substanz, aber vielleicht genügend, um den einen oder anderen Wähler der Grünen ins Zweifeln zu bringen.

Die Zweifel an Stefan S. als Seiteninhaber werden größer. Durch eine whois-Anfrage bei einem Internetseitenanbieter, durch die normalerweise die Kontaktdaten der Homepage-Besitzer ausfindig gemacht werden können, führen zu einem amerikanischen Proxy-Server. Es wird also nur ein Stellvertreter angegeben. Offensichtlich soll niemand erfahren, wer wirklich hinter dieser Seite steckt.

Gleiche Adresse, anderer Name

Über eine Google-Suchabfrage wird bekannt, dass bereits beim Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen ein ähnlicher Blog aktiv war. Gleicher Name, gleiches Ziel, nur die Adresse der Webseite lautet ein wenig anders. Inzwischen wurden die meisten Spuren, wie etwa der Blog, die Facebook-Seite oder der Twitter-Account gelöscht. Laut Google-Archiv hatte die Facebook-Seite zuletzt immerhin fast 3200 Likes. Die neue Seite zur Bundestagswahl kommt dank viel Werbung auf über 12.000 Facebook-Accounts, die „Gefällt mir“ geklickt haben.

Der Blog für die NRW-Wahl ist zwar stillgelegt, doch die Internetadresse weiterhin registriert. Eine whois-Abfrage bringt ein erstaunliches Ergebnis. Statt Stefan S. ist unter der identischen Straßenadresse in der Dortmunder Innenstadt plötzlich ein Alexander K. gemeldet und für die Seite zuständig. Auch eine Handynummer ist angegeben. Tatsächlich meldet sich auch ein Alexander K. unter der Nummer. „Ich bin der falsche Ansprechpartner dafür“, sagt die Stimme am Ende der Leitung und verweist auf Daniel K., der angeblich zuständig sei und der sich am nächsten Tag melden würde.

Grüne: Greenwatch-Blog hat hohes Werbebudget im fünfstelligen Bereich

Doch Daniel K. hat auch zwei Tage später nicht angerufen. Fünf Tage später dann der Rückruf bei Alexander K.: „Ich habe gesagt, dass sie sich nicht mehr bei mir melden sollen.“ K. wird ungehalten, nervös und gleichzeitig frech. Wer die Geldgeber sind, wer hinter der Seite steckt und alle weiteren Fragen blockt er ab und stellt Gegenfragen. Plötzlich legt Alexander K. auf.

Besuch bei der Adresse aus dem Impressum

„Hier wird ein hohes Werbebudget im wahrscheinlich fünfstelligen Bereich und viel Aufwand für die Videoproduktionen eingesetzt“, schreiben die Bundesgrünen auf ihrer offiziellen Partei-Homepage über die Facebook-Werbung und die Videos des Greenwatch-Blogs. Das Ganze sei eine gezielte Demobilisierungsstrategie, denn insbesondere den Zielgruppen, die den Grünen nahestehen, werde die Werbung angezeigt. Parteimitglieder gingen zur angegebenen Adresse, suchten nach den Namen und stellten aber fest: „unter der im Impressum angegebenen Adresse ist niemand [Anm. d. Red.: mit genau diesen Namen] vorzufinden“.

Keine Rückmeldung von Greenwatch

Nach den Anrufen von Thüringen24 wurde der Registrierungseintrag von Greenwatch-NRW geändert. Statt Alexander K. ist nun Stefan S. für die Seite als Admin eingetragen. Die Adresse in Dortmund ist gleich geblieben. Nur die Telefonnummer hat sich geändert. Wer sie anruft, hört lediglich: „Diese Rufnummer ist uns nicht bekannt.“

Der Greenwatch-Blog bleibt also ein dunkles Kapitel bei der Wahlkampfwerbung zur diesjährigen Bundestagswahl, denn die Seite verrät an keiner Stelle, für wen stattdessen abgestimmt werden soll. Mit Absicht wird verschleiert, wer mit offenbar hohen Summen Werbung gegen die Grünen macht. Trotz intensiver Recherche ist unklar, welcher Alexander K. am Greenwatch-Blog beteiligt war oder ist. Eine Anfrage durch Thüringen24 am 7. September an die offizielle Mailadresse im Impressum ist bisher unbeantwortet geblieben.

Thüringen24 sind die vollen Namen und die Adresse in Dortmund bekannt. Aus presserechtlichen Gründen haben wir uns entschieden, sie nicht komplett zu nennen. Falls Du mehr Informationen zum Thema hast, kannst du dich an unseren Autor per E-Mail jan@th24.de oder über Threema (ID: SE62TUNP) wenden.