Es ist das nächste Beben in einer Industrie, die an allen Ecken und Kanten zu bröckeln scheint. Der traditionelle Autozulieferer Bohai Trimet, der auch ein Werk in Thüringen betreibt, meldete Insolvenz an. Etwa Hundert Mitarbeiter aus dem Freistaat traf diese Nachricht wie ein Schlag. Sie blicken jetzt in eine ungewisse Zukunft.
Noch ist aber nicht alle Hoffnung verloren für das Unternehmen mit Sitz in Harzgerode. Wie es jetzt weitergeht, wird die Zukunft im Harz und in Nord-Thüringen maßgeblich beeinflussen.
Thüringen: Mitarbeiter zittern um Jobs
Klar ist: Mit eigener Kraft kann sich Bohei Trimet kaum aus der finanziellen Misere kämpfen. Der Autozulieferer hofft jetzt auf Unterstützung aus der Autobranche. Der mittel- oder langfristige Bestand des Unternehmens werde nur gelingen, wenn die bisherigen Hauptauftraggeber sich beteiligten, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Olaf Spiekermann am Donnerstag (24. April). Vergangene Woche hatte das Unternehmen mit allen vier seiner Gesellschaften Insolvenz angemeldet (Thüringen24 berichtete). Davon betroffen: Insgesamt knapp 700 Mitarbeiter an den Standroten in Harzgerode und Sömmerda, die jetzt um ihre Zukunft bangen müssen.
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Ihre Gehälter sind jedenfalls bis zum 30. Juni 2025 sicher. Insolvenzgeld sei Dank. Wie genau der Betrieb aber weitergehen kann, steht noch in den Sternen. Das werde sich erst in den kommenden Wochen zeigen, so Spiekermann. Das hängt auch davon ab, ob und wie viele neue Auftragnehmer gefunden werden.
Geldhahn aus China wird zugedreht
In der ganzen Region betrifft die Insolvenz wohl etwa 1.000 Menschen und weite Teile der deutschen Autoindustrie. Bohei Trimet produziert unter anderem Getriebe-, Fahrwerks- und Karosserieteile für Autohersteller aus Deutschland und Italien. „In jedem deutschen Auto fährt ein Stück Harzgerode“, sagte Unternehmenschef Mathias Meinen.
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Die Krise des Unternehmens resultiere zum einen aus dem Wandel der Automobilbranche, es gebe aber nicht den einzelnen Grund für die Insolvenz, betonte Insolvenzverwalter Spiekermann. Zudem habe sich die Auslastung kontinuierlich reduziert.
In den letzten zwei Jahren liefen noch mehrere Dutzend Millionen Euro vom chinesischen Eigner in das Unternehmen. Aber der Geldhahn ist mittlerweile zu. Vor Ostern wurden die Zahlungen eingestellt. Die letzte Hoffnung ist jetzt, dass die Kunden dafür Sorge tragen, dass der Betrieb in Harzgerode und Sömmerda weiterlaufen kann. Ohne Investoren ist die Sanierung wohl kaum zu meistern.
„Stimmung von Wut geprägt“
Man habe in der Vergangenheit versucht, an mehreren Stellschrauben zu drehen, sagte Spiekermann. Im vergangenen Jahr wurden 150 Stellen gestrichen, Anfang des Jahres ging es in Kurzarbeit. Vergangene Woche sei der Betrieb in der Gießerei komplett eingestellt worden. Die gute Nachricht sei jetzt, dass der Betrieb in der kommenden Woche wieder komplett hochgefahren werde.
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„Die Stimmung ist natürlich von Wut und Enttäuschung und der Sorge um die Arbeitsplätze geprägt“, sagte Betriebsrat André Damuszis. Es seien sehr viele Familien in der Umgebung, die teils seit Generationen im Unternehmen beschäftigt sind. „Die Kollegen haben in den letzten Wochen und Monaten enorme Einschnitte mitgetragen, dass jetzt die Situation trotzdem eingetreten ist, ist eine schwere Situation.“ (mit dpa)