Als Tatortreiniger taucht Joseph Wolfsberg oft tief in die Leben der Verstorbenen ein. Denn seine Arbeit beschränkt sich nicht nur auf das sauber machen rund um den Ort der Leiche, sondern umfasst die gesamte vier Wände und auch teilweise Fahrzeuge der Verstorbenen. Lebensmittel werden aussortiert und die Wohnungen ausgeräumt. „Wir wissen dadurch oft mehr über die Verstorbenen als über unsere Freunde“, witzelt der Tatortreiniger im Interview mit Thüringen24.
Oft zeichne sich dann auch die ein oder andere traurige Situation ab. Gelbe Briefe, rote Briefe, Hinweise auf Familienkrach… „Bei manchen siehst du, dass deren Leben aus den Fugen geraten ist“. Bei einem Fall in Thüringen machte der Tatortreiniger einen Fund, der erst für offene Fragen und später zu rührenden Tränen führte. Worum es dabei geht, liest du hier.
Thüringer Tatortreinigung teilt emotionalen Moment
„Die berührendeste Geschichte, die wir in der Tatortreinigung erlebt haben, war ein Fall, der sich in Thüringen im Kreis Sömmerda abgespielt hat“, erinnert sich Joseph Wolfsberg, „Da lag eine ältere Dame 14 Tage unentdeckt in ihrer Wohnung und wir hatten den Auftrag, dort die Tatortreinigung zu machen.“ Und wie es so üblich ist, muss beinah jeder Winkel der vier Wände auf den Kopf gestellt werden.
+++ Thüringen: Ich arbeite als Tatortreinigerin – schon einen Tag vorher wird’s eklig +++
„In ihrem Schlafzimmer stand auf ihrem Nachttischschrank eine Reihe an Fotos. Es waren Kinder zu sehen – wir nahmen an, dass es ihre Kinder und auch Enkel waren. sind und auch jüngere Frauen, also vermutlich Kinder, Enkelkinder und alle. Aber ganz vorne in der ersten Reihe stand ein Foto von einem Herren, der unserer Vermutung her noch älter war, als die verstorbene Dame. Wir haben uns halt gewundert, was dieses Foto zu bedeuten hat“, führt der Tatortreiniger weiter aus.

„Haben Briefe gefunden“
Natürlich fängt man in einer Situation das Spekulieren an. Zuerst dachten Joseph und seine Tochter, die ebenfalls Tatortreinigerin ist, bei dem Herrn handele es sich vielleicht um den verstorbenen Ehemann. Doch die Geschichte entpuppt sich als noch emotionaler. „Wir haben dann später im Zuge der Tatortreinigung Briefe gefunden, die jemand an die Mutter der Verstorbenen geschrieben hat“, erzählt der Thüringer weiter. Langsam formte sich das Bild zusammen. Der Mann auf dem Foto war der Vater der verstorbenen Dame.
Mehr News:
„Den hatte sie, als sie ein Jahr alt war, verloren – durch irgendeinen Umstand ist der verstorben. Sie hat offenbar ihren Papa so sehr vermisst, dass das erste, was sie frühmorgens gesehen hat, das Foto von ihrem Vater war, den sie nie kennenlernen durfte. Und das war auch das letzte, was sie gesehen hat, als sie abends ins Bett gegangen ist“, erzählt der Thüringer Tatortreiniger. Diese rührende Erkenntnis habe sowohl ihm als auch seiner Tochter die Tränen in die Augen getrieben.