Damit das tägliche Leben in Thüringen gut funktionieren kann, braucht es eine stabile Infrastruktur.
Thüringens Energieminister sieht hier einige Mängel. Wie gut ist der Freistaat im Krisenfall wirklich vorbereitet?
Thüringen: Einschätzung des Energieministers
Was passiert, wenn der Strom in einer Krise längere Zeit ausfällt und damit auch die Wasserversorgung? Darüber macht sich Thüringens Energieminister Gedanken – und sieht den Bund in der Pflicht.
Nach Einschätzung von Thüringens Energieminister Tilo Kummer (BSW) ist die Infrastruktur für einen Krisenfall mit längerem Stromausfall nicht ausreichend gerüstet. Vor allem die Kraftstoffversorgung beispielsweise für Notstromaggregate in Trinkwasseranlagen müsste modernisiert werden, sagte Kummer auf Anfrage in Erfurt. Er plädiere für eine neue gesetzliche Regelung des Bundes für die Kraftstoffstoffversorgung sogenannter kritischer Infrastruktur im Krisenfall.
Ohne ausreichend Kraftstoffe wäre gerade in Thüringen eine stabile Wasserversorgung nicht möglich, wenn der Strom flächendeckend ausfallen sollte. Dann müssten Notstromaggregate einspringen. Nur die Trinkwasseraufbereitungsanlage an der Ohratalsperre in Luisenthal im Kreis Gotha könnte auch bei einem Blackout autark mit Strom versorgt werden, so der Minister.
Thüringen: Lückenhafte Vorbereitung
Bisher gelte in Deutschland etwa bei langanhaltenden, großflächigen Stromausfällen noch eine Verordnung aus dem Jahr 1982 – eine Kraftstoff-Lieferbeschränkungs-Verordnung mit Bezugsscheinen. Sie sei nach der Wiedervereinigung in den ostdeutschen Bundesländern gar nicht erst umgesetzt worden – auch in den alten Bundesländern seien Bezugsscheine nur noch teilweise vorhanden. „Damit wäre im Krisenfall kein funktionsfähiges System nutzbar“, so Kummer. Eine Anpassung der Regeln durch eine neue Bundesregierung sei überfällig.
„Es wäre fahrlässig, sich als Land nicht besser gegen mögliche Krisenfälle vorzubereiten. Wir brauchen ein neues System mit klaren Prioritäten auf Grundlage bundeseinheitlicher Kriterien.“ Thüringen wolle sich darum einer Initiative Brandenburgs anschließen. Der Bund solle möglichst bereits auf der nächsten Energieministerkonferenz im Mai zu dieser Frage berichten.
+++ Thüringer Unternehmen: Experte mit bitterer Beobachtung – „Herrscht Angst“ +++
Kummer: „Mich ärgert, dass die Vorsorge für den Krisenfall bei der Treibstoffverteilung so lückenhaft ist. Das passt überhaupt nicht zum Aufwand, der zum Beispiel bei der Bundeswehrbeschaffung mit Hinweis auf Krisen- und auch Kriegsgefahren betrieben wird.“
Kritik an Forderungen
Thüringens Linke-Chefin Ulrike Grosse-Röthig äußerte sich kritisch. „Was der BSW-Minister hier fordert, ist die Herstellung von Kriegstauglichkeit“, sagte sie der dpa. Thüringens Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD sollte sich stattdessen um Alltagstauglichkeit bemühen und konsequent in Bildung investieren. „Das ist die beste Friedenssicherung, die es gibt“, so die Vorsitzende der Thüringer Linken.
Zur kritischen Infrastruktur, bei deren Ausfall Versorgungsengpässe drohen, zählen neben der Wasserversorgung unter anderem Energie und Informationstechnik, Telekommunikation, Transport und Verkehr, Lebensmittel- sowie Gesundheitsversorgung.
Mehr News:
In Thüringen bestehen sechs Trinkwassertalsperren, die etwa die Hälfte des Trinkwasserbedarfs im Freistaat decken. Dazu zählen Leibis/Lichte in Ostthüringen, die Ohratalsperre in Rennsteignähe sowie Scheibe-Alsbach im Kreis Sonneberg. Nach Angaben der Thüringer Fernwasserversorgung werden jährlich etwa 53 Millionen Kubikmeter Wasser aus Talsperren zur Trinkwasseraufbereitung bereitgestellt. (dpa)