Wie beschreibt man dieses Gefühl nach der Amok-Fahrt in Magdeburg? Wenn mitten in der Vorbereitung auf das Fest der Liebe fünf Menschen – darunter ein neunjähriges Kind – aus dem Leben gerissen, wenn Dutzende weitere zum Teil schwer verletz werden und die Welt von einem Moment auf den nächsten auf dem Kopf zu stehen scheint? Auch in Thüringen überwiegt Tage nach dem Attentat vor allem die Fassungslosigkeit. Und die Fragen. Die vielen, vielen Fragen.
Was treibt einen Menschen zu einer solch grauenvollen Tat? Müssen wir die Sicherheitsvorkehrungen auf unseren Weihnachtsmärkten noch einmal erhöhen? Und wäre alles vielleicht zu verhindern gewesen? Die Ermittler gehen auf Spurensuche – auch bei sich selbst. Der Thüringer Verfassungsschutzpräsident meldet sich jetzt mit einer knallharten Einschätzung zu Wort.
Thüringen: „Motive müssen weiter aufgeklärt werden“
Auch an Heiligabend (24. Dezember) blieb die Frage, was den Todesfahrer Taleb A. zu seiner Tat trieb unbeantwortet. Er hat fünf Menschen auf seinem Gewissen, bis zu 235 Menschen wurde nach seiner Amokfahrt am Freitag (20. Dezember) verletzt. Zuletzt hatte sich der 50-Jährige in sozialen Medien aber zunehmend wirrer und radikaler geäußert. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) erfuhrt aus Sicherheitskreisen, dass sich die Hinweise auf eine psychische Erkrankung von Taleb A. verdichten.
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„Die Motive des Täters müssen erst weiter aufgeklärt werden, deshalb sind Schlussfolgerungen mit aller Vorsicht zu ziehen“, sagte der Thüringer Verfassungsschutzchef Stephan Kramer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Bei allem, was jetzt öffentlich bekannt und belastbar sei, könne man aber sicher sagen, dass es kein islamistisch motivierter Anschlag gewesen sei.
Kritik an den Behörden
Aus der Sicht des Verfassungsschützers sei ersichtlich, dass der Täter in den vergangenen Jahren zunehmend ins rechtsextreme Spektrum abgedriftet sei. „Selbst wenn sich eine psychische Störung herausstellen sollte, lässt sich an den Beiträgen des mutmaßlichen Täters im Internet eine gewachsene Radikalisierung mit Extremismusbezügen nach rechts in den letzten Jahren feststellen“, sagte Kramer.
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Insofern sei es zwar widerwärtig, aber nicht überraschend, dass sich während der Trauerfeier im Magdeburger Dom Hunderte von Rechtsextremisten in der Stadt versammelt und Hass und Hetze verbreitet hätten. „Denn sie sind wohl mitverantwortlich, wenn man sich die Radikalisierung auch des Täters anschaut“, so Kramer.
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Kritik gibt es von ihm vor allem am Informationsaustausch der Behörden. Sie sei „an vielen Stellen verbesserungsbedürftig“. Nach den vorliegenden Informationen sei der Täter wohl sowohl Bundes- als auch Landesbehörden seit längerem bekannt gewesen. „Es bleibt aufzuklären, wer, wann, was gewusst und gegebenenfalls nicht weitergegeben oder selbst nicht angemessen gehandelt hat“, so Kramer. (mit dpa)