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Thüringer Unternehmen muss Insolvenz anmelden – stehen Hunderte Jobs auf der Kippe?

Ein großer Arbeitgeber in Süd-Thüringen musste jetzt nach eigenen Angaben Insolvenz anmelden. Hunderte Mitarbeiter zittern.

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Bittere Nachrichten aus Süd-Thüringen! Ein Unternehmen, das rund 1.000 Mitarbeiter beschäftigt, musste hier Insolvenz anmelden. Es ist nur eines von mehreren weiteren Unternehmen in der Branche, die in eine finanzielle Schieflage geraten sind.

Um welchen Thüringer Betrieb es sich handelt – und wie genau es für die Mitarbeiter jetzt weitergeht – liest du hier.

Thüringen: Autozulieferer in der Insolvenz

Betroffen ist der Automobilzulieferer „AE Group“ mit Sitz in Gerstungen, der jetzt in Eigenverantwortung des Managements saniert werden soll. Man habe beim Amtsgericht Meiningen einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt, teilte das Unternehmen mit. Bei einem solchen Verfahren gibt es keinen Insolvenzverwalter von außen, die betroffenen Betriebe können sich aber von einem Berater unterstützen lassen. Im Fall der „AE Group“ kommt Rechtsanwalt Martin Mucha als Sanierungsexperte dazu.

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„Die verminderte Nachfrage der Automobilindustrie hat das Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht“, erklärte das Management. In diesem Jahr waren bereits mehrere Automobilzulieferer in Thüringen in finanzielle Turbulenzen geraten. „Dass sich die Situation beruhigt, ist nicht in Sicht“, sagte der Geschäftsführer der Branchenvereinigung automotive thüringen (at), Rico Chmelik, der dpa. Der at hatte Fachleute und Wissenschaftler zu einer Podiumsdiskussion zur Zukunft der Thüringer Autoindustrie in Eisenach eingeladen.

Löhne bis Ende Oktober gesichert

„Wir bedauern sehr, diesen Schritt gehen zu müssen“, erklärte das Management der ae group. Der Nachfrageeinbruch mache dem Zulieferer schwer zu schaffen. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben an vier Standorten rund 1.000 Mitarbeiter. Allein am Sitz in Gerstungen sind es laut Unternehmensangaben etwa 600.

Der Vorstandsvorsitzende der AE Group AG, Christian Kleinjung, äußerte sich zuversichtlich, dass durch das Insolvenzverfahren das Unternehmen saniert und die Arbeitsplätze erhalten werden können. Der Geschäftsbetriebe gehe ohne Einschränkungen weiter. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter seien über das Insolvenzgeld bis Ende Oktober gesichert. Das Unternehmen ist auf Druckguss spezialisiert. Hergestellt werden unter anderem Gehäuseteile und Motorkomponenten. In diesem Jahr war ursprünglich ein Umsatz von 150 Millionen Euro angepeilt worden.

„Hersteller wissen nicht, was die richtige Strategie ist“

Ob sich die Situation entspanne, hänge vor allem davon ab, ob die Politik verlässliche Rahmenbedingungen für die Automobilindustrie schaffe. Dazu gehöre, wie die Diskussion um das Verbot von Verbrennungsmotoren in der EU ab 2035 ausgehe. „Die Hersteller wissen derzeit nicht, was die richtige Strategie ist.“ Das führt zu Investitionszurückhaltungen. Hinzu komme die Verunsicherung der Verbraucher, die für Kaufzurückhaltung sorge. Chmelik befürchtet, dass die Autoproduktion im kommenden Jahr gedrosselt wird – mit negativen Auswirkungen auf die Zulieferer.

Thüringens umsatzstarke Automobilindustrie wird seit geraumer Zeit von Standortschließungen oder Insolvenzen von Zulieferern erschüttert. Allein in den ersten vier Monaten gab es nach Angaben der Branchenvereinigung acht Fälle, von denen 2020 Arbeitsplätze betroffen waren. Größter Fall einer Standortschließung ist laut at der Scheinwerferhersteller Marelli Automotive Lighting, bei dem es in Brotterode um etwa 800 Arbeitsplätze geht.


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Bei den acht Fällen gehe es um Zulieferer auch in Eisenach, in Trusetal, Judenbach, Gera, Waltershausen, Ichtershausen und Mühlhausen. Laut Chmelik beschäftigt die Automobilindustrie direkt und indirekt etwa 80 000 Arbeitnehmer in Thüringen. Der Jahresumsatz der etwa 690 Firmen liege bei 9,3 Milliarden Euro. (dpa, bp)