- Ein junges Paar tötet einen Unbekannten in Gera, um sich mit dessen Auto abzusetzen
- Im Anschluss wird die Leiche in Hessen in die Fulda geworfen
- Die Forderungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung zum Ende des Prozesses könnten nicht weiter auseinanderliegen
Im Mordprozess gegen ein junges Paar aus Zwickau hat der Staatsanwalt eine lebenslange Haftstrafe für den 20-jährigen Angeklagten gefordert. Anders als seine 17 Jahre alte Freundin müsse er wie ein Erwachsener bestraft werden, sagte Oberstaatsanwalt Holger Illing am Donnerstag in seinem Plädoyer vor dem Landgericht Zwickau. Für die Jugendliche hielt er acht Jahre und sechs Monate Jugendstrafe für angemessen. Die Anklage lautet auf gemeinschaftlichen Mord in Tateinheit mit besonderes schweren Raub mit Todesfolge.
20-Jähriger ersticht hinterrücks Mann in Gera
Zwar sei es Johnny H. gewesen, der im November 2017 einen 45-Jährigen aus Gera hinterrücks erstochen habe, um an dessen Auto zu kommen. Doch beide hätten die Tat gemeinsam geplant, argumentierte Illing. Die Verteidigerin der angeklagten Minderjährigen forderte einen Freispruch für ihre Mandantin. Der Rechtsanwalt des Mannes sprach sich für die Anwendung des Jugendstrafrechts aus und beantragte sechseinhalb Jahre Haft für den 20-Jährigen.
Leiche des Opfers wird in Fulda geworfen
Bereits zum Prozessauftakt hatte Johnny H. die Tat gestanden. Mit dem Auto wollte sich das junge Paar nach einem misslungenen Drogengeschäft in die Schweiz absetzen. Das Opfer warfen beide bei Niederaula (Osthessen) in die Fulda. Erst drei Monate später entdeckte ein Spaziergänger die Leiche.
Mittäterin fordert, endlich etwas zu unternehmen
Ein Satz dürfte vielen nach diesem Mordprozess in Erinnerung bleiben: „Du bist der Jäger. Das ist die Beute“, soll Sarah P. zu ihrem Freund gesagt haben, während sie ihm vorführte, wie er mit dem langen Küchenmesser einen Menschen töten könne. Bereits auf dem mehrtägigen Fußmarsch von Zwickau über mehrere Stationen nach Gera fasste das Duo nach Auffassung der Anklage ins Auge, sich ein Auto zu beschaffen. In Gera angekommen, seien beide hungrig und entkräftet gewesen. Nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen sei Sarah P. zunehmend frustriert gewesen und habe ihren Freund bedrängt, endlich etwas zu unternehmen. Damit sei sie Mittäterin im Sinne der Anklage, so Illing.
Was wusste die Jugendliche wirklich?
Das sah die Verteidigerin der Jugendlichen anders: Sie beantragte, ihre Mandantin freizusprechen. Die Jugendliche bestreitet eine direkte Beteiligung an der Tat. Ihren Angaben zufolge schlief sie in einem Hauseingang, während ihr Freund dem späteren Opfer Heiko H. nach einem Kneipenbesuch auflauerte. Die junge Frau sei emotional von ihrem Partner abhängig gewesen und nur aus Angst bei ihm geblieben.
Kriminelles Duo besteigt blutbespritztes Auto
Während des Prozesses würdigten sich die Angeklagten keines Blickes. Andererseits schrieben sie sich in der Untersuchungshaft knapp 30 Briefe und versicherten sich gegenseitig ihre Liebe. Das passe nicht zusammen und zeige, dass das Paar sein Verhalten durchaus steuern könne, betonte der Vertreter der Nebenklage in seinem Schlussvortrag. Zudem sei Sarah P. „ohne Diskussionen“ in das Auto eingestiegen, obwohl sich überall Blut befunden habe. Als Nebenkläger tritt der 85-jährige Vater des Toten auf.
Hinterbliebene fordert hartes Urteil
Die Lebensgefährtin des Getöteten begleitet den Prozess seit dessen Auftakt Ende April. Sie sei inzwischen umgezogen, um nicht mehr jeden Tag auf den Tatort unmittelbar vor ihrer Haustür blicken zu müssen, sagte Rechtsanwalt Ingo Henkel. Die Frau rang nach den Plädoyers sichtlich mit den Tränen. „Das zieht einen den Boden unter den Füßen weg“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Sie hoffe auf ein deutlich härteres Urteil als von den Verteidigern beantragt. Das Urteil soll am Freitag kommender Woche verkündet werden.