Gibt es jetzt endlich Frieden zwischen Türkei und Kurden? Von der Gefängnis-Insel Imrali aus forderte Kurdenführer und PKK-Gründer Abdullah Öcalan dazu auf, die Terrorgruppe zu entwaffnen und aufzulösen. Wörtlich teilte er nach einem Treffen mit der pro-kurdischen DEM-Partei mit: „Die PKK sollte sich selbst auflösen, ich fordere sie auf, die Waffen niederzulegen.“
Ein echter Polit-Hammer, kämpft sie doch schon seit 1978 für einen unabhängigen Kurdenstaat. Sie wurde von Öcalan selbst im Südosten der Türkei gegründet, verfolgt eine marxistisch-leninistische Ausrichtung – und wird sowohl von der Türkei als auch vom Westen, inklusive Deutschland, als Terrororganisation eingestuft, die Zehntausende Leben auf dem Gewissen hat. Kommt bald der Frieden? Und was bedeutet das für den türkischen Langzeit-Präsidenten Recep Tayyip Erdogan (71)?
Türkei: PKK ist am Ende
Diese Redaktion hat bei Ulrich Schlie nachgefragt. Er ist Professor für Sicherheits- und Strategieforschung an der Universität Bonn, kennt die geopolitische Gemengelage am Bosporus wie kaum ein Zweiter. Schlie: „Es ist mehr eine Kapitulation von Öcalan als ein längerer Prozess und ein Riesen-Erfolg für Erdogan. Ein Erfolg, den er sich auch innenpolitisch ummünzen wird, wenn es um eine Verfassungsänderung und eine Wiederwahl seinerseits geht.“
Und weiter: „Die Türkei spielt ihre Karten voll aus und in dem Maße, wie Europa geschwächt ist, ihre Karten weiterhin voll ausspielen wird. Deutschland wäre gut beraten, all diesen Entwicklungen eine größere Aufmerksamkeit zu widmen. Die Nato ist so geschwächt wie nie, steckt in ihrer größten Krise seit 1956. Das wird dazu führen, dass viel mehr bilaterale Absprachen gibt, insbesondere zwischen der Türkei und den USA. Man muss jetzt abwarten, wie die Türkei mit dem syrischen PKK-Ableger, der SDF, umgeht. Sie sind der größte US-Verbündete im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen in Syrien.“

„Riesen-Erfolg für Erdogan“
Zwar gab es in der Vergangenheit immer mal wieder PKK-Anschläge in der Türkei, doch insgesamt seien die Attacken in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Im Gegenzug greift die Türkei Stellungen der PKK im Irak und der verbündeten YPG in Syrien an. Auch die Türken müssten sich demnach zurückhalten, wenn ein Friedensprozess eine echte Chance haben soll.
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Fakt ist auch: Erdogan benötigt die Stimmen der pro-kurdischen Parteien im Parlament, um weiter Präsident zu bleiben. Dafür müsse er nämlich die türkische Verfassung ändern lassen. Sein Amt läuft aktuell bis 2028, eine erneute Wiederwahl und dritte Amtszeit ist nicht möglich – es sei denn, die Verfassung wird dahingehend geändert. Und genau das ist das Ziel des starken Mannes am Bosporus, der seit rund 25 Jahren regiert.