Vor einer Wahl versuchen Journalisten, die Bevölkerung bestmöglich zu informieren, damit sie unter Einbeziehung aller Fakten ihre Wahlentscheidung treffen können. Auch im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 gab es hitzige Debatten der Kandidaten, Dokumentationen über einzelne Politiker und immer wieder auch Faktenchecks. Dennoch wird vor allem den Öffentlich-Rechtlichen immer wieder vorgeworfen, sie seien parteiisch.
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„MrWissen2go“, eigentlich Mirko Drotschmann, ist Journalist und YouTuber. Sein Kanal läuft seit einiger Zeit über „Funk“, also die Öffentlich-Rechtlichen. Unsere Redaktion hat ihn gefragt: Wie neutral sind ARD und ZDF wirklich? Und benachteiligen sie tatsächlich die AfD?
Öffentlich-Rechtliche unter Beschuss: Sind ARD & ZDF wirklich neutral?
Redaktion: Können Sie den Vorwurf nachvollziehen, dass die Öffentlich-Rechtlichen zu AfD-kritisch sind?
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Drotschmann: „Was diesen Vorwurf gegenüber ARD und ZDF angeht, kann ich sagen, dass es den auch von anderen Seiten gibt. Wenn man sich gerade bei ‚X‘ ein bisschen umschaut, gibt es viele Vorwürfe, ARD und ZDF würden die AfD und die CDU zu sanft behandeln und die Grünen zu hart rannehmen.“
„Das zeigt, dass man es niemandem ganz recht machen kann. Gerade vor Wahlen sind wir als Öffentlich-Rechtliche noch einmal ganz besonders zur Neutralität verpflichtet. Das gilt natürlich grundsätzlich immer, aber vor Wahlen gibt es zusätzlich das Prinzip der abgestuften Chancengleichheit.“
„Man macht es sich viel zu einfach, da eine generelle Voreingenommenheit vorzuwerfen. Es gibt eine große Pluralität bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, wenngleich immer Luft nach oben ist. Das gilt für die privaten wie für die öffentlich-rechtlichen Sender. Was ich mir wünschen würde, wäre grundsätzlich in der deutschen Medienlandschaft ein bisschen mehr Blick über den Tellerrand.“
Redaktion: Was meinen Sie damit?
„Ich glaube, dass wir alle ungefähr gleich sozialisiert worden sind. Die meisten Journalisten sind in Deutschland geboren, haben wahrscheinlich selten am Ende des Monats die Not gehabt, dass das Geld nicht mehr fürs Essen gereicht hat. Aber diese Perspektive brauchen wir auch in den Medien. Das würde ich mir mehr wünschen, und das gilt für alle – ob Zeitung, Radio, Fernsehen oder online.“
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Bundestagswahl 2025: Wird die Politik in Deutschland unfair dargestellt?
So könne man auch politische Tendenzen besser einordnen, beispielsweise die Hinwendung zur AfD, so Drotschmann. „Meiner Meinung nach entsteht vieles aus einer Unzufriedenheit heraus und auch aus einem Gefühl, nicht verstanden zu werden.“
Ein Beispiel dafür sei der Osten Deutschlands. „Dort haben sich viele Menschen von der Demokratie einfach nicht aufgefangen gefühlt. Erst kam die Wiedervereinigung, dann die D-Mark, dann haben erst mal die meisten Menschen ihren Job verloren. Und das hinterlässt natürlich tiefe Narben.“
Man müsse sich mehr in diese Menschen hineinversetzen, so „MrWissen2go“: „Dieser neue Staat und dieses neue System – mit dem konnte man sich nie so richtig anfreunden, weil es erst mal große Umwälzungen bedeutet hat. Es sind Enttäuschungen passiert. Dann gab es vielleicht auch arrogante Reaktionen aus dem Westen.
All das trägt zu einem Gefühl bei, das dann auch zur Ablehnung führt – zur Ablehnung von Etabliertem. Das ist schon ein Stück weit verständlich. Diese Perspektive versteht man nur, wenn man mit den Menschen spricht oder wenn man selbst aus dieser Sozialisierung kommt. Da würde ich mir viel mehr Präsenz wünschen.“
Redaktion: Was bedeutet das für den Journalismus heute?
Drotschmann erklärt, der Perspektivwechsel passiere im Moment zwangsläufig, „weil man nicht mehr ‚aus dem Elfenbeinturm heraus‘ senden kann wie vor 30, 40 Jahren. Heute bekommt man permanent Rückmeldungen und wird evaluiert durch das Publikum, wird kritisch beäugt. Das bringt mehrere Perspektiven auch von außen ein, und das finde ich wichtig.“
MrWissen2go packt aus: So wären Politiker erfolgreicher
Das lasse sich nicht nur auf diejenigen beziehen, die über Politik berichten, sondern auch auf die, die Politik machen, erklärt „MrWissen2go“. Er glaube schon, dass es Politiker gebe, die sich mit dem Feedback aus dem Internet beschäftigen würden. „Aber vermutlich sind einige es auch leid, die Kommentare zu lesen, die ja oft sehr negativ sind, und lassen das von ihren Teams machen.“
„Manchmal muss man da aber auch einfach durch. Ich lese mir auch die Kommentare unter meinen Beiträgen durch und ja, das tut echt weh teilweise. Aber es eröffnet einem immer wieder neue Perspektiven.“
Politik müsse mehr ins Leben gehen, dahin, wo es brodelt, findet Drotschmann.
„Damit meinte ich: Man muss dorthin gehen, wo die Dinge passieren und wo es manchmal wehtut, weil man dann auch was abbekommt. Das kann auch dazu beitragen, dass man sich verbessert und mehr Perspektiven berücksichtigt.“
Redaktion: Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, selbst in die Politik zu gehen?
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Drotschmann: „Hin und wieder kommt mir der Gedanke. Ich weiß aber gar nicht, ob ich das gut machen würde. Außerdem macht mir mein Job so viel Spaß. Dazu kommt noch, dass ich oft ein sehr ungeduldiger Mensch bin, und Politik lebt davon, dass man lange über ein Thema diskutiert. Ich weiß gar nicht, ob ich genug Sitzfleisch dafür hätte.“
Auf die Bundestagswahl 2025 sei er sehr gespannt.