Helene Steinhaus engagiert sich gegen den Zeitgeist, der besagt, dass es Bürgergeld-Empfängern viel zu gut geht und der Staat konsequenter mit Sanktionen vorgehen müsste. In ihrem Verein Sanktionsfrei unterstützt sie Leistungsbezieher, die sich ohnmächtig gegenüber den Jobcentern fühlen.
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Nun weist die Aktivistin via X auf ein zusätzliches Problem für viele Bürgergeld-Empfänger hin.
Fälle sollen sich häufen: Jobcenter erhöhen Druck auf Bürgergeld-Bezieher
Steinhaus nimmt dabei Bezug auf eine „Spiegel“-Meldung, laut der die Arbeitsagentur nun härter gegen Bürgergeld-Empfänger vorgehen, „die nicht kooperieren“. Doch was steckt hinter einer solchen Formulierung? Die Aktivistin gibt einen kritischen Einblick.
So schreibt sie auf X: „Als ‚unkooperativ‘ gilt man übrigens z.B. wenn man krank ist und zwar eine Krankschreibung hat, aber keine ‚Wegeunfähigkeitsbescheinung‘ für den Tag, an dem der Termin stattfinden soll.“ Wie Steinhaus weiter berichtet, würden sich solche Fälle gerade häufen.
Das Problem für die Bürgergeld-Bezieher: Während eine normale AU-Bescheinigung der Erkrankung für den Patienten kostenfrei ist, ist ein erweitertes Attest eine Leistung, die beim Arzt bezahlt werden muss. Durch die sogenannte Wegeunfähigkeitsbescheinigung oder auch Bettlägerigkeitsbescheinigunge attestiert der behandelnde Arzt, dass der Patient nicht nur einfach krank ist, sondern deshalb auch nicht in der Lage ist, den Weg zum Beispiel in das Jobcenter zurückzulegen.
Die Kosten für die Ausstellung des Attestes können zwar bis zu einer durch die Gebührenordnung der Ärzte geregelten Höhe übernommen werden (zuletzt waren es 5,36 Euro). Alles, was darüber hinaus geht, muss der Patient aber selber zahlen. Steinhaus spricht in ihrem X-Beitrag davon, dass oft 15 Euro fällig werden für solche Atteste. Der Differenzbetrag kann somit empfindlich hoch sein für die Bürgergeld-Bezieher.
Sozialgericht: Bescheinigung über Bettlägerigkeit unzulässig
Brisant ist in diesem Zusammenhang ein Urteil vom Sozialgericht Hildesheim aus dem Jahr 2020. Dieses entschied, dass eine Jobcenter-Forderung nach einer Wegeunfähigkeitsbescheinigung unzulässig ist!
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In dem konkreten Fall hatte das Jobcenter die Leistungen einer Frau um 10 Prozent gekürzt, weil die Bürgergeld-Bezieherin nicht zu einem Termin erschien und sie die geforderte Bettlägerigkeitsbescheinigung nicht vorgelegte. Das Sozialgericht Hildesheim war allerdings der Ansicht, dass die Frau ihre Bettlägerigkeit auch durch Zeugenaussagen beweisen könne. Eine solche Bescheinigung des Arztes sei nicht zwingend erforderlich. Das Gericht hob die Sanktion deshalb auf.