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AfD-Chef Chrupalla will Senioren die Briefwahl verbieten – der Grund ist offensichtlich

Heftige Vorwürfe von AfD-Chef Chrupalla gegen Diakonie und Caritas. Ihm ist es ein Dorn im Auge, dass so viele Senioren gegen die AfD stimmen.

Heftige Unterstellungen über Caritas und Diakonie von AfD-Chef Chrupalla.
© IMAGO / Schöning, IMAGO / Bernd Elmenthaler

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Thüringen hat einen neuen Landtag gewählt. Das ist das Ergebnis.

Es ist die klassische AfD-Methode, die man auch von anderen Rechtspopulisten kennt: Parteichef Tino Chrupalla suggeriert etwas, ohne es klar auszudrücken. Ohne einen Beleg unterstellte er jetzt nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen Wahlmanipulationen in Altenheimen, die von Caritas und Diakonie betrieben werden. Die Wohlfahrtsverbände reagieren auf Anfrage unserer Redaktion mit klaren Statements.

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Krasser noch: Der AfD-Parteivorsitzende will, dass es künftig gar keine Briefwahl mehr gibt. Kein Wunder: Bei Wählerinnen und Wählern, die per Briefwahl abstimmen, schneidet die AfD in der Regel schlechter ab. Das zeigt sich immer wieder bei den Auszählungsergebnissen in Briefwahllokalen.

AfD-Chef will Briefwahl verbieten

Die Möglichkeit zur Briefwahl nutzen vor allem auch ältere Wahlberechtigte. Bei der Bundestagwahl stimmen 52,7 Prozent der Menschen des Jahrgang 1951 und älter per Briefwahl ab. Gleichzeitig zeigen Nachwahlbefragungen immer wieder, dass die AfD Senioren am schwächsten von sich überzeugen kann. So kam die Partei laut Infratest dimap (ARD) nun in Thüringen bei über-70-Jährigen auf lediglich 19 Prozent Zustimmung. In Sachsen waren es 24 Prozent – und damit auch weniger als das Gesamtergebnis der AfD.

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Darum säte AfD-Chef Tino Chrupalla in einer Pressekonferenz nach den Landtagswahlen Zweifel an der Richtigkeit der Briefwahl.

Chrupalla suggeriert Wahlmanipulationen in Altenheimen

Zunächst sprach er über die rechtsichere Aufbewahrung von Briefwahlurnen, dann kam er im nächsten Satz plötzlich auf Altenheime von Caritas und Diakonie zu sprechen.

Chrupalla: „Wie aktuell in Altenheimen Wahlkampf betrieben wird, wenn CDU und SPD gerade in diesen Altenheimen, die von Diakonie oder von der Caritas betrieben werden, dort Wahlkampf machen und dort ein- und ausgehen. Und die AfD nicht mal Zutritt bekommt, um dort den älteren Bürgern die Programme vorzustellen. Auch das sind Dinge der Beeinflussung, die meiner Meinung nach nicht demokratisch sind. Und ich persönlich, sage ich Ihnen ganz ehrlich, würde die Briefwahl wieder verbieten.“

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Auch wenn es Chrupalla nicht offen aussprach, ist der Kontext unmissverständlich: In den Altenheimen laufe angeblich einiges nicht korrekt ab bei den Briefwahlen und rund um den Wahlkampf. Eine heftige Unterstellung von der Spitze der Rechtsaußen-Partei, mit der wir Diakonie und Caritas konfrontiert haben.

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Briefwahl verbieten? „Caritas ist schockiert“

Eine Caritas-Sprecherin stellte gegenüber unserer Redaktion klar, dass man diese Vorwürfe „entschieden zurückweist“.

„In den Einrichtungen und Diensten der Caritas findet keine Wahlbeeinflussung statt. Die Caritas ist schockiert über die Forderung der AfD, das Briefwahlrecht zu verbieten. Damit würden Menschen von demokratischen Wahlen ausgeschlossen, die gebrechlich oder mobilitätseingeschränkt  sind. Das betrifft Alte und Kranke, aber auch Menschen mit Behinderung. Eine solche Selektion darf es in Deutschland nicht geben!“

Aus Sicht der Caritas sei „offensichtlich, dass die Vorwürfe gezielte Stimmungsmache gegen die christlichen Wohlfahrtsverbände vor den Landtagswahlen in Brandenburg sind“. Das sei die Methode Trump: Einen Verdacht äußern, ohne Beweise. So untergräbt man Stück für Stück das Vertrauen in die demokratischen Abläufe.

„Die Narrative zu den Missbrauchsgefahren des Briefwahlrechts und die Forderungen zu seiner Einschränkung erinnern sehr an ähnliche Verschwörungstheorien von Donald Trump im Nachgang zur letzten Präsidentschafts-Wahl in den USA.“

Diakonie reagiert deutlich

Auch die Diakonie stellt auf Anfrage unserer Redaktion klar, dass in den Altenheimen rund um die Wahlen nichts unsauber ablaufe. „Die Diakonie achtet das Recht ihrer Bewohnerinnen und Bewohner auf freie, gleiche und geheime Wahlentscheidung. Das gebietet unser christliches Leitbild“, so eine Pressesprecherin.


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Dass der AfD-Vorsitzende das Recht auf Briefwahl abschaffen will, sorgt auch bei der Diakonie-Sprecherin für völliges Unverständnis. Sie betont, dass viele Menschen in den Einrichtungen der Diakonie auf diese Wahlmöglichkeit angewiesen sind, weil sie es nicht zu einem Wahllokal schaffen können.

„Auch hochaltrige Menschen und Menschen mit Beeinträchtigungen haben in Deutschland das Recht zu wählen. Mit seiner Forderung nach einer Abschaffung der Briefwahl will ihnen Herr Chrupalla dieses Grundrecht faktisch aberkennen.“

Die AfD holte in Thüringen und Sachsen Zustimmungswerte einer Volkspartei, mit deutlich über 30 Prozent. Mit dem Statement hat sich Parteichef Chrupalla nun aber mit zwei der größten Wohlfahrtsverbänden des Landes angelegt – und setzt weiter auf Spaltung.