Mitten im hektischen Edeka-Treiben bewegt sich ein Mitarbeiter routiniert durch die Gänge. Schnell wird er aktiv, sortiert Flaschen, räumt Waren ein, öffnet Kisten – immer im Eiltempo. Doch wer genauer hinsieht, bemerkt etwas Merkwürdiges: Der junge Mann spricht, aber nicht mit den Menschen um ihn herum. Vielmehr murmelt er leise vor sich hin, als lebte er in einer eigenen Welt.
Doch das ist nicht das einzig Merkwürdige: Für seine Arbeit will er keinen Cent.
Edeka: Flori arbeitet „sehr fleißig“ – dann verschwindet er
Hinter diesem Bild verbirgt sich eine ganz andere Geschichte. Eine Geschichte von Lebensschicksalen, von Krankheit, von einem Menschen. Einer der oft übersehen wird und doch eine stille, unverzichtbare Präsenz in seiner kleinen Welt hat. Von einem Leben, das nicht immer den gewohnten Regeln folgt – und von einem Menschen, der trotzdem fleißig und unermüdlich seinen Platz sucht.
Flori, wie er von den Neubibergern (Neubiberg, Bayern) genannt wird, lebt in einer Welt, in der sich viele Menschen nur ungern bewegen würden. Er ist obdachlos und schläft, wo er kann – in Hauseingängen, auf Friedhöfen oder in den umliegenden Wäldern. Im Alltag begegnet ihm selten jemand, der ihn positiv aufnimmt. Bei Robin Hertscheck, dem Inhaber des Edeka-Marktes, ist das anders.
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„Er ist sehr fleißig und hat ein freundliches, nach besserem Kennenlernen auch zugewandtes Gemüt“, sagt Hertscheck, der Florian schon seit Jahren kennt. „Florian kommt fast jeden Tag, oft schon um 6 Uhr morgens, und geht als Letzter“, berichtet der Marktleiter weiter. „Genau weiß man das nie, weil der Flori weder ein Handy noch einen Computer“ besitzt.
Florian, der schon früh mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, führt ein von Krankheit und Schicksalsschlägen geprägtes Leben. Als er eines Tages für einen Monat einfach verschwand und niemand wusste, wo er sich aufhielt, erfuhr Hertscheck, dass Florian eine schwere Tumoroperation überstanden hatte. Nach seiner Entlassung tauchte er ohne ein Wort der Klage wieder im Laden auf – und begann wieder, Regale zu füllen und Flaschen zu sortieren, als wäre nichts gewesen.
Edeka: Lebensmittel statt Geld – das steckt dahinter
Im Edeka-Markt hat sich Florian längst seinen Platz erarbeitet. „Der arbeitet ohne Pause und unsichtbar, wenn man ihm nicht mal eine Pause zwangsverordnet“, sagt Robin Hertscheck mit einem Schmunzeln. Eine der wenigen Voraussetzungen für seinen „Job“: Der Filialleiter bezahlt ihn nicht mit Geld, sondern mit Lebensmitteln. Florian ist nicht gezwungen zu arbeiten, und es gibt keine Verpflichtung. „Wenn ich ihm Geld gebe, würde er es wahrscheinlich für Unsinn ausgeben“, erklärt der Marktleiter laut „tz“.
Und vielleicht ist es genau das, was er in seiner oft traurigen und von Schicksalsschlägen geprägten Geschichte so dringend braucht: einen Ort, an dem er gebraucht wird, einen Ort, an dem er von der Gemeinschaft nicht übersehen wird – einen Moment der Ruhe im Sturm des Lebens.