So richtig verschwunden war sie zwar nie: Die Angst vor der Arbeitslosigkeit. Jetzt aber feiert sie nach einiger Zeit ein gefühltes Comeback. Nicht nur in Thüringen. Aber da ganz besonders.
Auch die Experten sind pessimistisch: In Thüringen werde die Arbeitslosigkeit im kommenden Jahr mehr steigen als im Bundesschnitt, heißt es. „Thüringen steht offenbar vor einer besonders schwierigen Zeit“, sagt „Fakt ist“-Moderator Lars Sänger am Montagabend (11. November) beim Blick auf die Prognosen.
Thüringen soll runterrauschen
Warum ausgerechnet Thüringen? Das liege an den Strukturen der Wirtschaft im Freistaat, sagt Thüringens Arbeitsagentur-Chef Markus Behrens mit Blick auf die ganzen Autozulieferer und Metaller. Hier gebe es schon „Personalfreisetzungen“ – oder es stehe zumindest in Rede.“ Jetzt hatten wir in den letzten zehn Jahren auf dem Thüringer Arbeitsmarkt einen ganz guten Lauf. Aber durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg haben wir leider wieder einen Zulauf bei der Arbeitslosigkeit. Der nimmt auch nicht ab. Obwohl wir 15.000 freie Stellen haben. Mit den Zehntausenden Arbeitslosen – das matcht einfach nicht.“
Thüringer Firmen trudeln
Auch die Thüringer DGB-Vize Renate Sternatz macht sich Gedanken. „Wir nehmen seit einiger Zeit war, dass vor allem die Betriebe des verarbeiteten Gewerbes und der Automobil-Zulieferindustrie ins Trudeln kommen. Das bereitet uns Sorgen. Was es eigentlich braucht, ist, den Beschäftigten ‚Sicherheit im Wandel‘ zu geben. Der Strukturwandel muss politisch gestaltet werden. Und dafür brauch es verschiedene Maßnahmen, die die Beschäftigten mitnehmen.“ Zum Beispiel, wie die Arbeitsplätze weiterentwickelt werden könnten und welche Zusatzqualifizierungen man dafür brauche. Sternatz ist wichtig, dass die Finanzierung der Qualifizierungsprogramme für Arbeitnehmer geklärt wird. So fordert sie ein „Transformations-Kurzarbeitergeld“, flankiert von einem entsprechenden Landesprogramm.
Konkret Angst vor dem Jobverlust haben Dutzende Mitarbeiter der Schuler-Pressen am Standort Erfurt. Einer davon ist Stefan Mogk. Auch er sitzt im MDR-Studio, wo er seine und die Situation seiner Kollegen eindringlich schildert: „Uns plagen gerade große Sorgen und Nöte. Bei uns in der Produktion in Erfurt sollen 130 Arbeitsplatze wegfallen, das wäre die Hälfte der Mitarbeiter. Bundesweit ist jeder vierte Arbeitsplatz im Vorstands-Fokus. Die Angst vorm Jobverlust ist da. Viele haben Familie und Verpflichtungen. Sie haben Häuser gebaut.“ Einen ähnlichen und ähnlich gut bezahlten neuen Job zu finden, sei alles andere als einfach. Zumal viele Kollegen schon älter seien. Und verwachsen in Erfurt. Mogk sieht die Politik in der Verantwortung.
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Da kommt Thüringens CDU-Chef Mario Voigt ins Spiel. Er bastelt aktuell an einer neuen Koalition und würde gerne Ministerpräsident werden. Und dann? „Dann kämpfen wir um jeden Industrie-Arbeitsplatz“, sagt er bei „Fakt ist“. Er selbst habe das in den 90er Jahren mit seinen Eltern erlebt. So wie fast jede Thüringer Familie diese Situationen durchgemacht habe. Jetzt aber käme hinzu, dass im Zuge der Transformation große Unternehmen wie VW Fehler gemacht hätten – die jetzt auch die kleinen Zulieferer auf dem Land ausbaden müssten. Aber auch die Politik habe Fehler gemacht, sagt Voigt. „Wir in Thüringen sind ein starkes Industrieland. Umso mehr müssen wir jetzt kämpfen, dass die Transformation nicht zum Jobkiller wird.“ Der Wirtschaftsmotor in Thüringen müsse laufen: „Wir müssen die Bürokratie extrem runterfahren. Dass das durchschnittliche Thüringer Unternehmen nicht zehn oder 15 Stunden damit beschäftigt ist.“ Auch die Energiekosten müssten wieder runter. Von staatlich finanzierten Qualifizierungsprogrammen halte er dagegen nichts.
Die ganze „Fakt ist“-Sendung vom 11. November 2024 siehst du in der MDR-Mediathek.