Brombeer rein, Rot-Rot-Grün raus. Nach zehn Jahren und zwei Wahlperioden verabschiedet sich die Thüringer Landesregierung um Ministerpräsident Bodo Ramelow und übergibt die Zügel an ein neues Koalitionsbündnis aus CDU, SPD und dem BSW.
Zeit für eine Quittung von insgesamt zehn Jahre Regierungsarbeit in Thüringen. Ein Polit-Experte, der den Freistaat über lange Jahre beobachtet hat, wagt sich jetzt an einem ersten Fazit. Nicht alles lief aus seiner Sicht schlecht. Aber die Brombeer-Koalition steht auch vor extremen Herausforderungen – vor allem in der Wirtschaft. In seinem Urteil nimmt der Experte kein Blatt vor den Mund.
Thüringen: Politk-Experte wird deutlich
Oliver Lembcke ist Politikwissenschaftler und Professor an der Uni Bochum. In einem Interview im „MDR Thüringen Journal“ vom Dienstag (10. Dezember) stellt er der rot-rot-grünen Landesregierung ein geteiltes Zeugnis aus. Was bleibt, seien zunächst einmal „zwei Einträge für die Geschichtsbücher“, so der Experte. „Erstens hat man es geschafft, als Minderheitsregierung eine volle Legislaturperiode durchzustehen, das ist schon ungewöhnlich. Und zweitens: Eine rot-rot-grüne Regierung unter Führung der Linkspartei – das hat vor zehn Jahren noch die Gemüter erhitzt, jetzt aber verbreitet es keinen Schrecken mehr.“
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Zufrieden sein könne die Ex-Landesregierung demnach vor allem im Sektor soziale Infrastruktur. „Man hat sich um Inklusivität und Teilhabe gekümmert. Schulen und Kitas sind gefördert und verbessert worden, man hat auch ein Ausgleich zwischen Mobilität und Umwelt hinbekommen“, so Lembcke.
DAS ist das Kernproblem der Wirtschaft
Anders sieht das bei der Flüchtlingspolitik und im Sektor Wirtschaft aus. Gerade letzterer sei „das eigentliche Problem Thüringens und das wird auch die Zukunft bestimmten“, so der Polit-Prof. „Thüringen war ein Erfolgsmodell, klein aber stark und hatte eine Führungsrolle in den ostdeutschen Ländern. Das ist aber mittlerweile sehr fraglich geworden.“
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Hauptgrund dafür: Aus seiner Sicht stehe die Zukunftsfähigkeit des Freistaates in Frage. Ausgaben und Einnahmen halten sich nicht mehr die Waage. „Sämtliche Reserven müssen eingesetzt werden, um den Haushalt zu finanzieren, ohne Finanzierungsdefizite in der kommenden Zeit wirklich verhindern zu können“, so Lembcke.
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Die Ausgangslage stellt sich also denkbar ungünstig für die neue Landesregierung dar. „Das Kernproblem ist die mangelnde Leistungsfähigkeit der Thüringer Wirtschaft“, so der Experte. Das hänge aus seiner Sicht hauptsächlich damit zusammen, dass die Fachkräfte im Freistaat Mangelware geworden sind. Gerade bei diesem Problem müsse die Brombeer-Koalition eine Lösung finden, „ansonsten gehört Thüringen zu den Absteigern“, erklärt Lembcke.