Immer mehr Geflüchtete in Thüringen müssen sich umstellen.
Inzwischen haben zwei Thüringer Landkreise eine Bezahlkarte für Asylbewerber eingeführt. Weitere wollen folgen. Mittlerweile haben sich sogar 14 von 16 Bundesländern auf Standards für eine solche Maßnahme geeinigt. Es scheint fast so, als wäre eine bundesweite Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge unumgänglich. Während die Behörden darin viele Vorteile sehen, mehren sich auch konträre Stimmen.
Thüringen: Bezahlkarte statt Bargeld
Die Landkreise Greiz und Eichsfeld haben sie schon. Jena will sie prüfen. Und der Wartburgkreis startet im März mit der Bezahlkarte durch. Dann sollen die ersten 100 Karten ausgegeben werden, hieß es am Mittwoch (31. Januar). Die Verwaltung im Landratsamt bereite derzeit alles vor, damit Geflüchtete künftig anstatt mit Bargeld mit der Karte bezahlen können. „Wir wollen das so schnell wie möglich umsetzen“, sagte Landrat Reinhard Krebs (CDU).
Man orientiere sich am schon existierenden Karten-Modell aus Greiz. Das heißt: Auch im Wartburgkreis soll die Bezahlkarte auch nur innerhalb des Kreises eingesetzt werden können – überall da, wo Kreditkarten akzeptiert werden. Für Auslandsüberweisungen sei die Karte gesperrt und soll einmal im Monat von der Kreisverwaltung aufgeladen werden.
„Ich lege Wert darauf, dass es uns mit dieser Umstellung ausdrücklich nicht darum geht, den Menschen, die hier Schutz suchen, das Leben schwer zu machen, sondern darum, die Vorteile, die diese Variante für die Menschen und für die Verwaltung bietet, zu nutzen“, sagte Krebs.
Thüringer Flüchtlingsrat übt Kritik
Der Flüchtlingsrat Thüringen sieht das Ganze sehr kritisch. Die Bezahlkarten machten den Alltag der Betroffenen deutlich schwerer, hieß es auf Thüringen24-Anfrage. Vor allem, weil die Geflüchteten damit kein Bargeld abheben können. Außerdem schränkten die nur örtlich einsetzbaren Karten die tatsächliche Bewegungsfreiheit ein: „Eine betroffene Person in Greiz kann mit der Karte zum Beispiel nicht im Supermarkt in Erfurt oder auf dem Weg zu einem Termin im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Suhl im Supermarkt bezahlen – auch dafür muss dann das Bargeld verbraucht werden“, sagte eine Sprecherin des Flüchtlingsrats.
Weil ja auch keine Überweisungen möglich sind, sei „vieles Alltägliche verunmöglicht“ – etwa der Kauf eines Deutschlandtickets und deren Abbuchungen.
Bezahlkarten müssten nicht diskriminierend ausgestaltet sein, sondern könnten und sollten ohne Einschränkungen funktionieren – so wie in Hannover, sagt der Flüchtlingsrat Thüringen. Daher stellt er fünf konkrete Forderungen an die Landesregierung:
- Bargeldabhebungen müssen uneingeschränkt möglich sein
- die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr muss uneingeschränkt möglich sein
- die Karte darf nicht örtlich beschränkt werden
- kein Ausschluss bestimmter Waren oder Dienstleistungen
- Sicherstellung von Datenschutz und informationeller Selbstbestimmung, insbesondere keine Zugriffe auf die einmal gewährten Leistungen
Inwiefern die Bezahlkarten schon Geflüchtete dazu veranlasst hat, aus Thüringen auszureisen, wollten wir wissen. Die Frage können aber weder der Flüchtlingsrat Thüringen noch das Landratsamt beantworten. „Abreisen werden in der Regel nicht beim Landratsamt angezeigt, daher ist ein Erfassen der Abreisegründe nicht möglich“, hieß es etwa aus Greiz.
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Übrigens soll eine Bezahlkarte für die Auszahlung staatlicher Leistungen für Asylbewerber nach Angaben von Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) bundesweit eingeführt werden. Das zumindest teilte er als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch in Wiesbaden mit.